Examensarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Geschichte Europa – Deutschland – Nationalsozialismus, II. Weltkrieg, Note: 1,0, Eberhard-Karls-Universität Tübingen (Institut für Osteuropäische Geschichte), Sprache: Deutsch, Abstract: An der Schwelle des 20. Jahrhunderts sieht es so aus, als könne es das Jahrhundert der Humanität und der Bruderschaft aller Menschen werden.‘ In diesem Satz aus der Chicago Tribune vom 1. Januar 1901 drücken sich die zeitgenössischen Erwartungen und Hoffnungen der Menschen auf eine neue und bessere Epoche aus. Dem mit dieser Zukunftsaussicht verbundenen optimistischen Menschenbild und zivilisatorischen Grundvertrauen war bereits zur Mitte des Jahrhunderts der Boden entzogen. Der radikale Zivilisationsbruch hat sich auf vielfältige Art und Weise gezeigt. Rückblickend ruft das 20. Jahrhundert insbesondere als Zeitalter des organisierten staatlichen Terrors und der Massenvernichtung Unverständnis und Entsetzen hervor. Zweckdienlichstes Instrument dazu war unbestreitbar das Lager. In seiner mannigfachen Ausprägung kann es als grausamer Spiegel seiner Zeit verstanden werden. Die wohl bekanntesten und literarisch am besten verarbeiteten Lagertypen sind die nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager sowie der stalinistische GULag. Abermillionen Todesopfer und zahlreiche Überlebende sprechen eine deutliche Sprache. Zweifelsohne hat Auschwitz als Ort der systematischen und industriell durchgeführten Massenvernichtung dem Phänomen den deutlichsten Ausdruck verliehen. Dadurch kann es zu Recht als Symbol für das Ende zivilisatorischer Gewissheit gelten. Jedoch wäre es vereinfacht, den Bruch mit der Zivilisation lediglich den Nationalsozialisten mit ihrer akribisch dokumentierten Lager- und Vernichtungspolitik zuzuschreiben. Auch die Straf- und Arbeitslager der Sowjetunion ließen durch ihre inhumane Grausamkeit und Menschenverachtung die fatale Kehrseite menschlicher Natur zutage treten. Als besonders brutal gelten die Arbeitslager um den Fluss Kolyma, wo neben schwerer Zwangsarbeit die Unwirtlichkeit Ostsibiriens mit ihrer erbarmungslosen Kälte den Strafgefangenen zusetzte. Jeden Tag führten die Häftlinge einen unerbittlichen Kampf ums Überleben. In seinen Erzählungen aus Kolyma schildert der Schriftsteller und langjährige Strafgefangene Varlam Tichonovic Salamov eindrucksvoll die ganze Härte des nordostsibirischen GULags. Er stellt eine Wirklichkeit weit jenseits der Grenze zum Unmenschlichen dar. Darüber hinaus beschäftigt sich der Autor intensiv mit der Beschaffenheit der menschlichen Natur im Angesicht ihrer Entmenschlichung und den Formen literarischen Schreibens nach dem Lager. [.]
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Der Lagermensch bei Varlam Salamov und Viktor Frankl
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